Die Geschichte des Schwangerschaftsabbruchs in Österreich ist eng mit religiösen und bevölkerungspolitischen Vorstellungen verknüpft. Unter der streng katholischen Maria Theresia wurde Abtreibung in den österreichischen Erbländern mit dem Tod durch das Schwert bestraft – das regelte die 1768 in Kraft getretene Constitutio Criminalis. Im österreichischen Strafgesetz von 1852 wurde der Schwangerschaftsabbruch schließlich als Verbrechen in den Paragraphen 144 bis 148 geregelt. Die vorgesehene Strafe für eine “absichtliche” Unterbrechung einer Schwangerschaft lag zwischen sechs Monaten und fünf Jahren schwerem Kerker.

Der Film „Der lange Arm der Kaiserin“ setzt sich mit dieser Geschichte und seinen Folgen auseinander.

Im nationalsozialistischen Regime wurde mit der Verordnung “zum Schutz von Ehe, Familie und Mutterschaft” der Strafrahmen massiv verschärft, der Abtreiberin drohte unter Umständen die Todesstrafe – das nationalsozialistische Abtreibungsverbot galt jedoch nur für “Arierinnen”. 1936 richtete die Regierung die “Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung” ein, die Heinrich Himmler beide als “erhebliche Gefährdung der Bevölkerungspolitik und Volksgesundheit” bezeichnete. Während Frauen, die dem “deutschen Volk” angehörten, für den Fortbestand der “arischen Rasse” zu sorgen hatten, organisierten die NationalsozialistInnen systematisch die Vernichtung “unwerten” Lebens. 1945 wurde schließlich das österreichische Strafgesetz in der Fassung von März 1938 inklusive des während des Austrofaschismus neu formulierten Paragrafen 146 wieder in Kraft gesetzt.

In den frühen 1970er-Jahren erhob die autonome Frauenbewegung die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs zu einer ihrer zentralen Forderungen, Unterstützung erhielt sie von KPÖ-Frauen und Sozialdemokratinnen. Die sozialdemokratische Partei hatte bereits in der Ersten Republik eine Liberalisierung der Abtreibungsgesetze gefordert. Insbesondere Frauen, die nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügten, trugen aufgrund unsachgemäß durchgeführter Schwangerschaftsabbrüche häufig schwere körperliche und psychische Schäden davon – oder bezahlten sogar mit ihrem Leben. Als die SPÖ 1971 erstmals die absolute Mehrheit im Parlament gewann, legte Justizminister Christian Broda einen Entwurf für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs vor. Dieser Entwurf enthielt lediglich eine erweiterte Indikationslösung, also die Möglichkeit des Abbruchs bei bestimmten gegebenen Umständen. Unter anderem auf Druck der Frauenorganisation der Partei änderte Broda jedoch seine Position, die BefürworterInnen der sogenannten „Fristenlösung“, die den Schwangerschaftsabbruch innerhalb einer bestimmten Frist straffrei stellt, setzten sich durch.

„Ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine“

„Mein Bauch gehört mir“

war auf Transparenten von Aktivistinnen der Frauenbewegung(en) zu lesen, die zu dieser Zeit für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren Körper kämpften und vermeintlich private Themen in den öffentlichen Raum trugen.

Die Bewegung(en) in Österreich erhielten Rückenwind durch eine Aktion in Frankreich, die Alice Schwarzer später im „Stern“ nach französischem Vorbild wiederholte. Im „Le manifeste des 343 salopes“ in der Zeitschrift „Le Novel Observateur“ bekannten sich 343 Französinnen dazu, abgetrieben zu haben – unter ihnen waren Simone de Beauvoir, Catherine Deneuve und Jeanne Moreau.
Bei einer aufsehenerregenden Demonstration auf der Wiener Mariahilfer Straße im Winter 1972, die von der AUF (Aktion Unabhängiger Frauen) und dem „Aktionskomitee zur Abschaffung des § 144“ organisiert worden war, ließ sich die Aktionskünstlerin Erika Mis in einem Käfig, begleitet von Richter, Arzt und Priester, durch die Einkaufsstraße ziehen.

Konservative Kreise, allen voran die katholische Kirche, stellten sich gegen die geplante Gesetzesänderung, die „Aktion Leben“ organisierte ebenfalls Protestaktionen und 1975 schließlich ein Volksbegehren zum „Schutz des menschlichen Lebens“, das fast 900.000 Unterschriften erhielt. 1973 wurde die Fristenlösung dennoch mit den Stimmen der SPÖ im Parlament beschlossen – ÖVP und FPÖ hatten sich von Beginn an dagegen gestellt – mit Jahresbeginn 1975 trat sie in Kraft.