Die nächste Landtagswahl steht vor der Tür: Am 5. März 2023 in Kärnten/Koroška

Pro Choice Austria hat den zur Wahl stehenden Parteien wieder 6 Fragen zum Thema Schwangerschaftsabbruch und reproduktive Rechte gestellt. Von 6 Parteien haben wir Antworten erhalten. Wir dokumentieren alle erhaltenen Antworten hier vollständig und unbearbeitet, eine Übersicht in Stichworten findet ihr auf unseren Social-Media-Kanälen. 

Nach der ÖVP Niederösterreich hat auch die ÖVP Kärnten unsere Fragen unbeantwortet gelassen. Erkennt die ÖVP etwa, dass ihre rückständigen Positionen zum Schwangerschaftsabbruch nicht mehr nachvollziehbar sind? Hoffen wir, dass sich bald etwas bewegt und Menschenrechte von Frauen und allen Menschen, die schwanger werden können, auch von der ÖVP anerkannt und geschützt werden. 

In ganz Kärnten gibt es nur 4 öffentliche Adressen, an denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden. Was werden Sie tun, um die Versorgung in Kärnten zu verbessern?

Mit vier öffentlichen Standorten ist Kärnten gut aufgestellt – wir sprechen von einem flächenmäßig überschaubaren Bundesland. Die vier Standorte sind nicht nur gut erreichbar, sie weisen höchste Qualität auf. Und genau das ist das Wichtigste: Qualität und Sorgfalt.

Angesichts des Mangels an Fachärztinnen und Fachärzten wird eine Ausweitung schwer möglich sein. Es muss die medizinische Sicherheit in jedem Fall gewährleistet sein.

Generell ist zu sagen, dass es wichtig ist, Frauen, die in diesem Zusammenhang Hilfe benötigen, diese auch im eigenen Land bekommen. Ein Schwangerschaftsabbruch ist für keine Frau eine einfache Entscheidung, daher ist sowohl eine entsprechende Beratung im Vorfeld als auch eine soziale und psychologische Nachbetreuung essenziell. Hier ist die Versorgung sicherzustellen und gegebenenfalls auszubauen, wobei Kärnten im Vergleich mit anderen Bundesländern ein gutes Angebot hat.

Dass es in Kärnten nur vier öffentliche Adressen gibt, an denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, zeigt einmal mehr, wie weit wir auch hierzulande noch von einem niederschwelligen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, wie wir Grüne ihn befürworten, entfernt sind. Abtreibungen werden so immer mehr zu einer sozialen Frage, weil Frauen mit hohen Kosten und teils langen Anfahrten konfrontiert sind. Wir brauchen in Österreich endlich einen niederschwelligen und damit sicheren Zugang zu Abtreibungen, das muss politisch sichergestellt werden, beispielsweise durch eine flächendeckende Versorgung über die Landeskrankenhäuser.

NEOS sind für einen niederschwelligen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. Natürlich darf nirgends Personal dazu gezwungen werden, Eingriffe vorzunehmen, die gegen die persönlichen Überzeugungen gehen. Öffentliche Krankenhäuser sollten aber jedenfalls Schwangerschaftsabbrüche durchführen, auch das Bewusstsein für medikamentöse Abbrüche muss gestärkt werden. Medikamentöse Abbrüche sind zwar nicht in jedem Fall eines Abbruchs die ideale Lösung, in vielen Fällen kann Frauen so aber ein Abbruch angeboten werden, ohne dass es zu einem physischen Eingriff kommen muss.

Die Errichtung von Gesundheitszentren in den Bezirken und Gemeinden anregen, wo entsprechende Beratung und Hilfe angeboten werden.

Nur zwei Landeskrankenhäuser (Klagenfurt, Villach) führen Abbrüche durch, erwähnen dies aber nicht auf ihren Webseiten. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass alle öffentlichen Krankenhäuser mit gynäkologischer Abteilung in Kärnten Abbrüche durchführen und dies auch öffentlich machen? 

Das Angebot, das bekannt und transparent ist, auch wenn es nicht auf Webseiten beworben wird, scheint ausreichend zu sein. Es wurde jedenfalls bis dato kein Wunsch nach einer Ausweitung geäußert. Sollte es dazu kommen, bin ich dafür natürlich offen.

Die entsprechende Information sollte über die First Love Ambulanz im Klinikum Klagenfurt und bei den Fachärztinnen und Fachärzten erfolgen. 

In Österreich ist das Thema Schwangerschaftsabbrüche in der Gesellschaft nach wie vor ein Tabuthema. Das Team Kärnten versteht das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Einzelnen als politischen Auftrag. Es muss daher auch das Recht jeder Frau sein, wenn sie sich zu diesem Schritt entscheidet, dass sie in allen öffentlichen Krankenanstalten den medizinischen Eingriff durchführen lassen kann.

Leider verhindern rechte und konservative Politiker:innen immer noch, dass Schwangerschaftsabbrüche österreichweit in Landeskrankenhäusern durchgeführt werden können. Diese Blockadehaltung ist bevormundend, denn sie spricht Frauen ihr Grundrecht ab, informierte Entscheidungen über ihren eigenen Körper zu treffen. Diese Blockadehaltung gefährdet Frauenleben. Wir wissen: Abtreibungen können nicht verboten werden, wir können nur dafür Sorge tragen, dass unsichere Abtreibungen verhindert werden. Demensprechend ist es uns ein Anliegen, uns für die sichere Möglichkeiten zu Schwangerschaftsabbrüchen in den Landeskrankenhäusern einzusetzen. Das entsprechende Leistungsspektrum sollte auch bekannt gemacht werden, um informierte Entscheidung zu ermöglichen.

Ja, mit dem 5.3.2023 werden wir eine starke Stimme für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen im Landtag sein und uns dafür einsetzen.

Ja.

Ungewollt Schwangere auf dem Land können in Wohnortnähe keinen Abbruch durchführen lassen. Niedergelassene Ärzt*innen könnten seit 2020 einen medikamentösen Abbruch mittels Mifegyne anbieten, tun dies jedoch kaum. Wie wollen Sie den Zugang zum Abbruch in ländlichen Regionen verbessern?

Um das Angebot von Mifegyne zu erhöhen, werden intensive Gespräche mit der Ärztekammer notwendig sein. Hinzuzufügen ist: Erfahrungsgemäß wissen wir, dass Betroffene gar keinen Abbruch in Wohnortnähe wollen, schon gar nicht in ihrem ländlichen Wohnumfeld. Den meisten ist nach wie vor Anonymität wichtig.

Durch eine Ausweitung der First Love Ambulanz (Sprechstunden auch in den Bezirken.) Die Frage, warum Niedergelassene Gynäkologen bei der Anwendung von Mifegyne so zurückhaltend agieren, wäre mit der Ärztekammer Kärnten zu klären.

Diese Frage ist schwer zu beantworten, weil keine Ärztin/kein Arzt gezwungen werden kann, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen.

Der vereinfachte Zugang zur Mifegyne ist ein Meilenstein für die Gesundheitsversorgung und für die Selbstbestimmung von Frauen in Österreich und stellt eine große Erleichterung für Betroffene dar. Denn mit dieser Regelung kommen wir einem niederschwelligen und auch leistbaren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen einen großen Schritt näher. Um das Angebot auch im ländlichen Raum weiter auszubauen, braucht es jedenfalls umfassende Aufklärung und eine enge Zusammenarbeit mit den Ärzt:innen vor Ort.

Oftmals ist es nicht unbedingt ein Problem, wie viele Ärzt*innen Mifegyne anbieten, sondern der Kommunikation darüber. Medienberichte zeigen auf, dass viele Ärzt*innen ihre Angebote nicht öffentlich machen, weil sie Angst vor medialer oder gesellschaftlicher Ächtung haben. Oftmals scheint es so, als ob die Frage des Angebots gar nicht das Problem wären, sondern die gesellschaftliche Ächtung und die Angst vor dem Thema oft entscheidender wären. Wie bereits ausgeführt setzen wir uns aber für Abbruchsmöglichkeiten in jedem öffentlichen Krankenhaus und eine leichtere Verfügbarkeit von beispielsweise Mifegyne ein.

Siehe Pt. 1: Gesundheitszentren in den Bezirken und Gemeinden.

Ein Schwangerschaftsabbruch kostet mehrere hundert bis zu tausend Euro, die selbst bezahlt werden müssen. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die öffentliche Hand diese Kosten übernimmt?

Wir haben in Kärnten die Möglichkeit der Familienberatung: Dabei werden in Härtefällen die Kosten seit vielen Jahren zur Gänze übernommen.

Hier wäre die Sozialreferentin gefragt, betroffenen Frauen mit geringem Einkommen zu helfen.

Eine Kostenübernahme ist in vielen westeuropäischen Ländern bereits Standard. Daher sollten die Kosten für die Behandlung auch hierzulande von der Krankenkasse übernommen werden. Es sollten jedoch auch verstärkt Maßnahmen zur Prävention von ungewollten Schwangerschaften (z.B. Informationskampagnen über wirksame Verhütungsmethoden, Übernahme der Kosten von Verhütungsmittel durch die Krankenkasse, Verbesserung der sexuellen Bildung an Schulen) viel mehr in den Mittelpunkt gerückt werden.

Ja, ein niederschwelliger und sicherer Zugang zur Abtreibung inkludiert auch, dass die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch von der Krankenkasse übernommen werden.

Eine komplette Kostenübernahme, beispielsweise auf Krankenschein, entspricht nicht dem politischen Ansatz von NEOS. Für uns gehören breitere und bessere Aufklärung, sowie ein leichterer und billigerer Zugang, insbesondere für Jugendliche zu Verhütungsmitteln mit in das Maßnahmenpaket zur Frage der sexuellen Unabhängigkeit, um ein aufgeklärtes und bewusstes Sexualleben zu haben. Mit diesen Instrumenten können wir auch die (zwar unbekannte) Anzahl von Schwangerschaftsabbrüchen reduzieren – immerhin ist das ja auch für Frauen ein oft traumatisierendes Ereignis. In Wien beispielsweise gibt es für sozioökonomisch benachteiligte Frauen, die einen Abbruch durchführen lassen, eine monetäre Unterstützung. Derartige Programme befürworten wir, weil die wirtschaftliche Lage einer Frau nicht der Grund sein darf, warum sie zu einer ungewollten Geburt gezwungen wird.

Im Prinzip ja, in der Praxis abhängig vom sozialen Status der Betroffenen. Reiche haben kein Problem damit.

Können Sie sich vorstellen, Menstruationsprodukte in öffentlichen Gebäuden kostenfrei zur Verfügung zu stellen?

Ja.

Für Frauen in prekären sozialen Situationen, kann ich mir das vorstellen.

Viele Mädchen und Frauen können sich Menstruationsprodukte nicht leisten. Um dieser sog. Periodenarmut zu begegnen, sollte sich auch Österreich Schottland als Vorbild nehmen, wo seit dem vergangenen Jahr Tampons und Binden kostenlos an Schulen angeboten werden. Denkbar wäre zusätzlich auch eine kostenlose Bereitstellung in öffentlichen Toiletten, was den Zugang zu Menstruationsartikeln einfacher machen würde.

Ja, denn für jedes fünfte Mädchen in Österreich kann die Monatsblutung ein finanzielles Problem werden, das das Leben unmittelbar einschränkt und sie damit vom sozialen Leben ausgrenzt. Deshalb ist es wichtig, dass die hygienische Versorgung durch kostenfreie Menstruationsprodukte zur gelebten Praxis wird.

Period Poverty ist ein Thema, das noch gar nicht so lange diskutiert ist, in vielen Ländern gibt es aber gute Vorzeigebeispiele. Eine einfache Bereitstellung in öffentlichen Gebäuden bedeutet aber nicht automatisch eine Erleichterung für sozioökonomisch benachteiligte Mädchen und Frauen, sondern für jene Frauen und Mädchen, die sich viel in öffentlichen Gebäuden aufhalten. Wir brauchen hier also noch Verbesserungen an der Idee, wie gerade den Betroffenen am besten geholfen werden kann.

Natürlich.

Moderne Sexualerziehung ist eine wesentliche Grundlage für eine selbstbestimmte Sexualität. Wie wollen Sie Beratung, Schulbildung und Aufklärung über Verhütung, reproduktive Rechte, sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten unterstützen und weiterentwickeln?

Wir haben die Sexualerziehung über die Abteilung Kinderschutz verankert: Es werden Workshops in Schulen angeboten; auch über den Verein der Aidshilfe bieten wir Aufklärungs- und Sexualerziehungs-Workshops an den Schulen an; sie sind sehr nachgefragt. Zudem haben unsere Träger der Kinder- und Jugendhilfe sexualpädagogische Konzepte, die mit den Minderjährigen in den Einrichtungen umgesetzt werden.

Für diese Beratungen stehen bereits Ärztinnen und Ärzte sowie Vertragspartner der Sozialabteilung zur Verfügung. Eine Mangelsituation wurde bisher nicht kommuniziert.

Im Mittelpunkt sollte hier in erster Linie ein natürlicher wertfreier Umgang mit dem Thema Sexualität innerhalb der Familie stehen. Gerade im Zeitalter der medialen Überflutung soll sexuelle Aufklärung auch Sache der Eltern sein. Eine zentrale Rolle nimmt in der Folge die Schule ein, wo u. a. im Vordergrund stehen muss, den Jugendlichen zu vermitteln, wie sie die Fülle an Informationen aus dem und im Netz richtig bewerten können. Gerade in Bezug auf die Medien ist es essenziell, einen vernünftigen Umgang zum Schutz der eigenen Privat- und Intimsphäre zu erlernen.

Wir brauchen eine altersgerechte, fundierte und zeitgemäße sexuelle Aufklärung. Dabei muss die Sexualaufklärung auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren und auf diese eingehen. Der Sexualkundeunterricht sollte ein Klima der Akzeptanz und Offenheit sowohl an den Bildungseinrichtungen als auch in unserer Gesellschaft fördern. Um das Lernen frei von gesellschaftlichen Tabus zu ermöglichen, sollten externe Sexualpädagog:innen verstärkt in den Unterricht einbezogen werden. Um den Unterricht auf neue Beine zu stellen braucht es jedenfalls mehr Mittel und auch mehr Verständnis für die Bedeutung der Sexualkunde im Unterricht.

Wir setzen uns für geschlechtsneutrale, wertneutrale und hochqualitative Aufklärung ein und haben dazu auch mehrere Anträge auf Bundesebene. Das bedeutet: Kindergärten und Schulen bringen Kindern nicht automatisch Rollenbilder bei, sondern von jungen Jahren an, können Kinder ideologiebefreit lernen, welche Vielfalt von Sexualitäten (und Geschlechteridentitäten) es gibt. Uns ist es wichtig, das Sexualunterricht in Schulen von neutralen Experten ordentlich vermittelt wird, sodass jedes Kind die Möglichkeit hat zu einem Jugendlichen und Erwachsenen heranzuwachsen, der selbstbewusst und informiert mit seiner sexuellen Integrität und auch seinen reproduktiven Rechten informiert umgeht.

Lehrpläne müssen entsprechend umgearbeitet, diverse sexuelle Orientierung als unveräußerliches Menschenrecht gesetzlich verankert und geschützt werden.